Was ist ein Trauma
Trauma ist eine Reaktion des gesamten Organismus auf eine überwältigende Lebenssituation. Es ist mehr als die Geschichte, die man darüber erzählen kann. Es ist die Auswirkung der steckengebliebenen Reaktionen auf ein gefühlt unaushaltbares lebensbedrohliches Ereignis. Trauma macht den Menschen stressanfälliger. Die Bedrohungssituation bleibt im Körper bestehen und das Überlebenssystem springt auch an, wenn es gar keinen wirklichen Anlass zu Gefahr gibt. Die Welt wird permanent als ein unsicherer Ort erlebt.
Trauma ist die am meisten vermiedene, ignorierte, verleugnete, missverstandene und unbehandelte Ursache menschlichen Leidens.
Dr. Peter Levine
Traumafolgestörungen
Das Trauma selbst ist keine Krankheit, aber traumatische Erlebnisse können eine ganze Reihe von unerklärlichen Symptomen hervorrufen wie Orientierungslosigkeit, Hilflosigkeit, Herzklopfen, Übelkeit, Körperimpulse zu Kampf, Flucht oder Kollaps, unerklärliche Unruhe, Unfähigkeit sich zu freuen oder zu beruhigen, Leicht überwältigt sein von Emotionen, sowohl von unangenehmen wie Angst und Wut aber auch von angenehmen, wie Freude und Glück. Die Fähigkeit Emotionen halten zu können ist abhanden gekommen.
Manchmal treten Symptome nach einer traumatischen Erfahrung erst Jahre später auf und zeigen sich in unerklärlichen körperlichen und psychischen Symptomen. Dies ist verwirrend und löst häufig Angst aus.
Überaktivität, Suchtverhalten, Ängsten, Panikattacken, Depressionen, Konzentrationsstörungen, Dissoziation, Bindungsunfähigkeit, Schlafstörungen, Erschöpfung, aber auch körperlichen Beschwerden wie chronischen Schmerzen, Nacken- und Rückenproblemen und auch Burnout können traumatische Erfahrungen zugrundeliegen.
Traumareaktion
Es gibt unterschiedliche Arten von Trauma, je nachdem wodurch es ausgelöst wurde. Die menschliche Reaktion darauf ist jedoch immer die gleiche.
Als traumatisch ist eine Situation immer dann zu betrachten, wenn sie für den Betroffenen als überwältigend erlebt wird, und er in einen Zustand der Überforderung gerät und sich hilflos fühlt.
Ein Trauma ist keine Krankheit
Dr. Peter Levine
Die Natur hat den Menschen für diesen Fall mit drei lebensrettenden Funktionen ausgestattet:
- Angriff, wenn er sich stark und überlegen fühlt
- Flucht, wenn er sich unterlegen fühlt
- Erstarren, wenn er sich unterlegen fühlt und nicht fliehen kann
Diese Reaktionen werden in Bruchteilen von Sekunden automatisch vom Nervensystem ausgelöst und sind nicht dem menschlichen Willen unterworfen. Deshalb wird auch ein kognitiver Versuch diese Reaktion zu beeinflussen bzw. zu verändern nicht gelingen können. Es braucht einen Zugang über die Emotionen und den Körper in Form von körperorientierten psychotherapeutischen Verfahren, um den „Notfallmodus“ des Alarmsystems abzuschalten. Der Körper muss begreifen, dass die Gefahr vorüber ist, damit er sich beruhigen und entspannen kann.
Trauma verarbeiten –
Spaltung überwinden
Verbindung wiederherstellen
Sicherheit gewinnen
Lebendigkeit zurückerobern
Schocktrauma
Bei einem Schocktrauma handelt es sich um ein einschneidendes Ereignis wie z. B. einen Unfall, erlebte Naturgewalt, ein Raubüberfall, aber auch die Diagnose einer Krankheit kann einen Schockzustand auslösen. Der Mensch bleibt häufig in einem Zustand von Erstarrung hängen, er kann noch funktionieren, der Zugang zu seiner Lebendigkeit ist ihm aber verlorengegangen.
Entwicklungstrauma
Wenn das Umfeld, in das der Mensch hineingeboren wurde, ihm nicht all das geben konnte, was er in den einzelnen Entwicklungsstufen seines frühen Lebens gebraucht hätte, hinterlässt dies in ihm Spuren, ein Defizit. Er hat keine andere Wahl als sich an die Umstände anzupassen und Überlebensstrategien zu entwickeln, um mit der Situation zurechtzukommen, auf die eine oder andere Weise. Er ist auf die Umgebung angewiesen, da er als Kind noch nicht für sich selbst sorgen kann. Diese Anpassung ist auf der einen Seite überlebensnotwendig, auf der anderen Seite erzeugt sie traumatischen Stress, der Mensch schaltet um auf Überlebensmodus. Weil er nichts anderes kennengelernt hat, fühlt es sich für ihn normal an und gleichzeitig spürt er häufig eine Unstimmigkeit, ein Verlangen nach etwas, von dem er häufig nicht genau weiß, was ihm eigentlich fehlt.
Diese frühen Überlebensstrategien sind so tief verankert, dass sie häufig als solche gar nicht bewusst wahrgenommen werden, den Erwachsenen aber in vielen Fällen daran hindern, sich in seinem eigenen Leben wohl zu fühlen.
Beziehungstrauma
Ein Beziehungstrauma entsteht, wie der Name schon sagt, im zwischenmenschlichen Kontakt, ein Trauma, das von einem anderen Menschen verursacht wird. Missbrauch, Gewalterfahrung und Vernachlässigung, aber auch emotionaler Missbrauch und emotionale Gewalt zählen hierzu. Das Vertrauen in andere Menschen wird nachhaltig zerstört und so ist es nicht verwunderlich, wenn jemand, der solches erlebt hat, mit Zurückgezogenheit oder Aggression gegenüber anderen reagiert, aber auch mit gegen sich selbst gerichteter Aggression in Form von Selbstbestrafung, Selbstverurteilung, Selbstvorwürfen bis hin zu selbstverletzendem Verhalten.
Ungeachtet dessen was wir erlebt haben, gibt es – gerade so, wie eine Pflanze sich spontan auf die Sonne zubewegt – in jedem von uns auf der tiefsten Ebene einen Impuls in Richtung Verbundenheit
Dr. Laurence Heller